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Rot, die Farbe von Liebe und Blut

Warum hat die Farbe Rot eine solch wichtige Bedeutung für uns?

Mit diesem Thema setzen sich schon seit Langem die verschiedensten Disziplinen von der Physik über die Psychologie bis hin zur Kunst auseinander. Besonders interessant wird es aber bei der Symbolik der Farben. Laut Eva Heller (Wie Farben wirken, Rowohlt 2008) gehört rot auch zu den ersten Farben, denen wir Namen gaben und die wir Menschen als erstes lernen zu benennen. Gleichzeitig können wir uns (laut einer Studie an der Universität Regensburg) an rote und orangefarbene Objekte besser erinnern als an andersfarbige.

Die Farbe Rot ist tief im menschlichen Bewusstsein verankert - nicht zuletzt, weil das Blut von uns Menschen überall auf der Erde diese Farbe hat. Entsprechend tief sitzen die Assoziationen von Blut und Lebenskraft, die direkt auf die Wirkung dieser intensiven Farbe übertragen werden.

Neben der Assoziation mit Blut wird rot auch immer wieder mit Feuer und seiner verzehrenden Kraft in Verbindung gebracht. Glutrot und feuerrot sind nahe liegende Begriffe, die gleichzeitig die Bedeutung von rot als Farbe der Leidenschaft unterstreichen. So schreibt Eva Heller:

Von der Liebe bis zum Haß - alle Gefühle, die das Blut in Wallung bringen, werden mit Rot verbunden. Rot ist die Symbolfarbe der der guten und der schlechten Leidenschaften. Hinter der Symbolik steht die Erfahrung: das Blut steigt zu Kopf, man wird rot vor Verlegenheit oder Verliebtheit [...], man wird rot, weil man sich schämt, weil man zornig, in hektischer Aufregung ist. Wer in Wut die Kontrolle über die Vernunft verliert, .
Eva Heller: Wie Farben wirken, Rowohlt 2008, S.53

Herkunft und Symbolik der Farbe Rot

Entsprechend aufgeladen ist auch die Symbolik der Farbe rot - und zwar nicht erst heutzutage, sondern bereits seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte. Das Wort rot entstammt ursprünglich dem indogermanischen rudh und bedeutet Blut.

Die Bedeutung der Farbe Rot in verschiedenen Kulturkreisen

  • Christentum:  Adam wird aus adamah (rote Erde) erschaffen, ansonsten war rot eher negativ besetzt (die Hure von Babylon war in purpur und scharlach gekleidet) - bis zur Läuterung im neuen Testament: Rot wird seither als Farbe des Blutes Jesu, als Mantel des Erlösers und dem Ende aller Blutopfer betrachtet. Auch die Kleidung der Märtyrer ist rot.
  • Im Islam ist diese Farbe eher negativ besetzt. Sie wird mit Feuer, Satan und Höllenqualen assoziiert
  • Griechische Antike: Odysseus tränkte die Erde in Blut und lockte so die Toten aus der Unterwelt herbei
  • Die Eingeweihten des römischer Mithras-Kultes ließen sich vom Blut der Opfertiere überströmen
  • Auch bei den Azteken und Maya galten Blutopfer als Dienst an den Gottheiten
  • Im alten Ägypten steht rot für Gewalt und Gefahr, für alles Drohende, auch für Wut und Zorn. Sie ist die Farbe von Seth, dem Gott der Zerstörung. In bildlichen Darstellungen wurden Männer in rot, Frauen hingegen in gelb gemalt. Im alten Ägypten begegnen wir auch der magischen Aufladung von Farbe: so wurden wichtige Worte in schwarz geschrieben, anstatt im üblichen Ocker rot, um eine Beeinflussung durch die Gefahr von rot zu vermeiden
  • In Indien gehören Rot und schwarz zur Göttin Kali, die gerne Blutrituale fordert
  • Rot ist aber auch die Farbe der Revolution, die symbolisiert die Bereitschaft das eigene Blut zu opfern
  • Im Mittelalter wurden rothaarige Frauen häufig als Hexen verbrannt. Rot galt als Farbe der Sexualität (Monatsblut, Geburt). Daher rührt auch der Begriff "Rotlichtmilieu"

Die Farbe rot als Luxussymbol

Lange Zeit wurde scharlachrote Farbe - besonders für Textilien, aber u.a. auch für Kosmetika - aus dem Blut der weiblichen Kermesläuse, die rund um das Mittelmeer beheimatet sind, hergestellt. Auch wenn diese Läuse etwa erbsengroß sind, benötigt man eine Menge davon, um auch nur kleine Mengen des Farbstoffes herzustellen und so war er entsprechend kostspielig. Auch wenn es deutlich günstigere Möglichkeiten zur Herstellung von roter Farbe gab, war diese meist nicht lichtecht, d.h. sie verfärbte sich mit der Zeit und wurde bräunlich.

Von den Farben galten im frühen Mittelalter nur die reinen als schön. Folglich waren die reinen Farben das Privileg der höheren Stände. Reine Farben für Reiche, unreine Farben für Arme, das ist das Gesetz mittelalterlicher Farbigkeit. 
Eva Heller: Wie Farben wirken, Rowohlt 2008, S.57

Die Adligen und Begüterten legten daher Wert auf ein leuchtendes Rot, das seine Farbwirkung (im besten Fall über Generationen hinweg) behält. Mit dem wertvollen Scharlachrot wurden also nur kostbare Gewänder gefärbt.

Für einfache Leute begannen echt rote Textilien erst ab dem 16. Jahrhundert erschwinglicher zu werden, als Krapp aus Kleinasien in größeren Mengen importiert werden konnte. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts können Farbstoffe chemisch hergestellt werden. Spätestens seither ist rote Bekleidung für alle erschwinglich geworden.

Rot als Farbe hat Künstler auf der ganzen Welt mit ihrer animalischen Kraft inspiriert. Traditionell wird hohen Gästen der "rote Teppich" ausgebreitet und auch der Vorhang im Theater ist meist rot und weist auf die Dramen, die sich auf der Bühne abspielen hin.